In den Jahren 1523 bis 1529 unterrichtete Heinrich Bullinger als Lehrer an der Schule des Zisterzienserklosters in Kappel, wo er über die antiken Klassiker hinaus nun auch Abhandlungen Melanchthons in seinen Unterrichtsstoff aufnahm. Im Laufe dieser Zeit wurde Bullinger mehr und mehr zum begeisterten Anhänger Zwinglis und trat von jetzt in Lehre und Veröffentlichungen für die Reformation ein. 1528 war Bullinger Teilnehmer an der Berner Disputation und wurde noch im gleichen Jahr in die Züricher Kirchensynode aufgenommen. Nach der Absetzung seines Vaters auf Grund seines evangelischen Bekenntnisses, wurde Bullinger selber nach einer stürmischen Probepredigt, in deren Folge ein wahrer Bildersturm wütete, von den Bürgern zum Pfarrer gewählt, woraufhin der junge Pfarrer noch im gleichen Jahr Anna Aldischweiler eine entsprungene Nonne aus dem Kloster Oetenbach in Zürich heiratete. Am 9. Dezember 1531 wurde Heinrich Bullinger nach der Niederlage der Reformierten im zweiten Kappeler Krieg, worin auch Zwingli den Tod gefunden hatte, und seiner Flucht aus Bremgarten nach Zürich, dort zum Nachfolger Zwinglis gewählt. In Zürich, dessen offizielle Religionspolitik angesichts der militärischen Niederlage, der Streitigkeiten und Konflikte mit den katholischen Orten, besonders um das Messemandat im Jahre 1532, um die polemischen Schriften, insbesondere um den Antichrist aus dem Jahre 1547 von Bullingers Schüler Rudolf Gwalther und die Rekatholisierung in den gemeinen Herrschaften wie auch des Falles Konstanz im Jahre 1548, aber nichtsdestoweniger auch in Hinsicht auf die verzehrenden Auseinandersetzungen unter den verschiedenen Glaubensrichtungen innerhalb des Protestantismus, etwa bezüglich der Täuferfrage, der Reformationswirren in Solothurn oder des Streits um die Locarner Reformierten im Jahre 1555 wegen einen äußerst defensiven Charakter trug, war Bullinger vor allem darum bestrebt, den protestantischen Besitzstand zu wahren. Einen besonderen Eindruck seiner blinden Kompromisslosigkeit, über die eingangs erwähnte mutwillige Zerstörung unliebsamer Dokumente hinaus, erhält ein unabhängiger Betrachter, wenn er Bullingers Anteil an der gegen den Druck der Eidgenossen erfolgreich durchgesetzten Verhinderung der Konzilsteilnahme seitens der reformierten Schweizer Kirchen in Rechnung zieht, wo doch gerade ein solches Reformkonzil zu den elementaren Grundforderungen der Reformation gehört hatte.
|