Kardinal Gropper
Theologie & Geschichte

Jacques Lefèbvre d'Etaples


Jacques Lefèbvre d’Etaples wurde gegen 1455 in Etaples in der Picardie geboren. Er entstammte einer unbekannten, doch wohlhabenden Familie und studierte an der Universität in Paris, wo er sein Studium mit dem Magister abschloss und in der Folge Priester wurde. Durch einen Aufenthalt in Italien erweiterte Lefèbvre sein Wissen und rundete sein Studium ab. Hier lernte er bei einem Aufenthalt in Padua 1486 die Philosophie anhand der ursprünglichen Schriften kennen, wie sie die aus Byzanz geflohenen griechischen Wissenschaftler und einige Italiener hier lehrten. Später lernte er in Florenz die Platonisten Marsile Ficin und Pic de la Mirandole kennen. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich widmete sich Jacques Lefèbvre d’Etaples der Lehre, wobei Mathematik und Philosophie im Mittelpunkt standen. Darüber hinaus betrieb Lefèbvre die Veröffentlichung einer kommentierten Gesamtausgabe der aristotelischen Schriften, die er vom scholastischen Beiwerk säubern wollte. Das Werk Aristoteles kannte man bis dahin nur in gekürzten oder oftmals durch spätere Änderungen entstellte Ausgaben. Zwischen 1498 und 1520 ließ Lefèbvre zudem die Schriften der alten Mathematiker, die Schriften der Väter und andere bedeutende mittelalterliche Werke drucken. Diesen Werken verdankte Jacques Lefèbvre d’Etaples seinen Ruf als Wissenschaftler. Auf diesen Ruhm ging auch die Protektion wichtiger und einflussreicher Personen zurück, die ihn fortan unter ihren Schutz stellten. Lefèbvre wurde von den Humanisten als Restaurator der Philosophie, der Literatur und der Wissenschaften an den Universitäten gerühmt. Alleine durch diese Reformtätigkeit bereitete Lefèbvre die Reform vor, auf deren Entwicklung er später maßgeblichen Einfluss ausübte. Durch seine exegetischen Arbeiten über die Heilige Schrift nahm Lefèbvre jedoch einen noch viel direkteren Einfluss auf die Reformation.

Im Vorwort zu seinem quincuplex Psalterium schreibt Lefèbfre: “Lange Zeit habe ich mich mit Studien der Philosophie und Mathematik beschäftigt und die Theologie kaum mehr als mit dem Rand meiner Lippen berührt... Aber schon jetzt hat mich ihr aus der Ferne strahlendes Licht getroffen, so dass mir die Lehren der Menschen dunkel und finster im Vergleich zur Theologie erscheinen, während es scheint als strömte sie im Gegensatz dazu einen Geruch aus, dem nichts auf der Erde an Süße gliche.” 1509 vollendete Lefèbvre dieses fundamentale Werk, in dem er fünf Versionen des Psalters nebeneinander stellte in der Abtei Saint-Germain-des-Prés, wo ihm sein Schüler Guillaume Briçonnet Asyl gewährt hatte.

© André & Frank Hagemann, 2007