Kardinal Gropper
Theologie & Geschichte

Martin Bucer

1491 - 1551


Im Mai 1543 kam Melanchthon zur Unterstützung Bucers nach Bonn. Jetzt sollte sich die Opposition intensivieren. Gab es bisher nur kleinere Schriften und vor allem Flugblätter gegen Bucers Reformation, so erschien nunmehr eine umfangreiche Arbeit des Karmeliterprovinzials Eberhard Billick, der die Vorstellungen und Ideen Bucers, wie er sie in seiner zusammen mit Melanchthon verfassten Schrift „Christliche und wahre Verantwortung“ dargelegt hatte, in ihrer gesamten Tragweite analysierte, sich gegen die dort aufgeführten Behauptungen zur Wehr setzte und Bucers Thesen endlich verwarf. Bis Ende Juni 1543 stellte Bucer die begonnene Reformordnung für das Kurfürstentum Köln in Zusammenarbeit mit Melanchthon fertig. Zu diesem Zeitpunkt traf auch Kaspar Hedio aus Straßburg in Bonn ein, um Bucer und Melanchthon in ihren Reformbemühungen zu unterstützen. Auf der Julisitzung des Landtages wurde den Ständen die neu erarbeitete Kirchenordnung als Manuskript vorgelegt. Während die drei weltlichen Stände diese in allen Punkten befürworteten, war es wieder das Domkapitel, das sich den Plänen des Erzbischofs entschieden widersetzte. Trotzdem wurde die Kirchenordnung im Spätsommer des Jahres 1543 unter dem Titel „einfaltiges bedencken, warauff ein Christliche, in dem wort Gottes gegrünte Reformation .... anzurichten seye“ veröffentlicht. Als Autor wurde der Kölner Erzbischof Hermann von Wied genannt. Letztlich sollte dieser Reformationsversuch im Kurfürstentum Köln aufgrund der beharrlichen katholischen Opposition innerhalb des Klerus der Reichstadt Köln, der auch weite Teile der Bürgerschaft angehörte, scheitern.

Nach der Niederlage, sah sich Martin Bucer gezwungen wieder nach Straßburg zurückzukehren, wo er 1544 zum Dechanten des Thomasstifts, dem er seit dem Tode Capitos als Kanoniker angehört hatte, gewählt wurde. Später sollte Bucer in Folge seiner Weigerung, das Augsburger Interim anzuerkennen, auch aus Straßburg geflohen sein. Dieses Mal suchte er Zuflucht in England, wohin ihn Thomas Canmer, der Erzbischof von Canterbury, dessen ebenso umsichtigen wie vorsichtigen Reformkurs er nun gegen die von englischen Zwinglaner John Hooper erhobenen Vorwürfe ebenso wie gegen die Angriffe seitens des schottischen Reformators John Knox vereidigte, bereits früher eingeladen hatte. Schließlich sollte Martin Bucer 1522 einen wesentlichen Beitrag bei der im Auftrag des englischen Königs Eduard II. erfolgten Erarbeitung der zweiten überarbeiteten Auflage des allgemeinen Gebetbuches der englischen Kirche, dem Second Book of Common Prayer, geleistet haben, indem er noch einen Monat vor dem Tod des Königs, in einem kritischen Gutachten, der sogenannten „Censura“, nachteilige Einflüsse von Seiten Luthers innerhalb der ersten Auflage aufzeigte und seine Kritik tatsächlich weite Berücksichtigung fand. War auch sein gemäßigter Reformversuch in Köln erfolglos, so sollten seine Ideen und vor allem sein Kirchenverständnis die anglikanische Kirche geprägt haben. In seinen letzten Lebensjahren lehrte Bucer als Professor an der Universität Cambridge. Unter Maria I. wurden seine sterblichen Überreste exhumiert und posthum auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

© André & Frank Hagemann, 2007