Kardinal Gropper
Theologie & Geschichte

Antoine Duprat

1463 – 1535


Duprat war ein Machtpolitiker mit beachtlichem Einfluss. Als zweiter Mann im Staat hinter dem König blieb Franz’ I. Kanzler Antoine Duprat, der manchmal auch Du Prat geschrieben wird, bis heute eine der umstrittensten Persönlichkeiten der französischen Geschichte. Jules Michelet, der große französische Historiker, der sich in seinen Arbeiten oftmals weniger als wissenschaftlich arbeitender Historiker als vielmehr als Moralist erweist, empfindet ihm gegenüber bloß Abscheu und Verachtung. Aber andere beurteilen Duprat weniger streng und entschuldigen seine häufigen Richtungswechsel mit seinem unbezweifelten diplomatischen Gespür und seinem machtorientierten Sinn für Realpolitik. Tatsächlich schien Duprat, der seine Fahne den Launen des Königs willig folgend in den Wind drehte, über eigentlich selber über keine eigenen großen politischen Entwürfe verfügt zu haben. Er sah seine Aufgabe darin, dem Willen des Königs zu dienen und in diesem Dienst sah er gleichzeitig auch die beste Möglichkeit, seinen eigenen Interessen zu betreiben. Er führte die Befehle des Königs nicht nur getreu aus, sondern war ihm derart servil unterworfen, dass er es schaffte den Entscheidungen des Königs oftmals sogar zuvorzukommen. Diese Einstellung half Duprat zweifellos, sich bei Hofe durchzusetzen, zumal er nicht, wie die Du Bellay, zum Hochadel gehörte, sondern ein bürgerlicher Emporkömmling war. War er gestern noch den Humanisten und Reformatoren gewogen, so war er am anderen Tag mit ihrer Unterdrückung und Verfolgung betraut. Eben noch auf Seiten der Spanier und Römer, war er bald auf derjenigen der deutschen Fürsten. Kann man daraus ableiten, er habe keine politische Leitlinie gehabt? Man muss ihm bei allem das Verdienst zugute halten, dass er immmerhin versuchte die kriegstreiberische Raserei Franz‘ I. besonders nach dessen Gefangenschaft in Spanien zu beschwichtigen und in halbwegs vernünftige Bahnen zu lenken. Dieser Eifer für den Frieden entsprang aber keinesfalls einer pazifistischen Gesinnung, sondern einfach nur der Sorge um die Staatsfinanzen. Böse Zungen behaupteten, dass auch diese Sorge bloß in der Angst um sein eigenes Vermögen begründet lag. Herkommen und Bildung Duprats hatten aus ihm keinen Rebellen oder revolutionären Neuerer gemacht. Er war ein Konservativer, der aus der tiefen Auvergne stammt, die von Kaufleuten und geschäftstüchtigen Bauern geprägt war. Duprat war ein geduldiger berechnender Arbeiter und ein durchtriebener Politiker, für der nichts anderes zählte als seine Akten und die Macht des Geldes. Dieser Duprat, in seiner Art ein  typischer Mann aus der Auvergne, sollte viele Nachfolger in seinem Dienst haben. Nach dem Tod seiner Frau 1517, ließ sich Duprat zum Priester weihen. Seine kirchliche Karriere war ebenso erstaunlich wie seine staatliche. Duprat schaffte es, als Bischof mit mehrerer Diözesen versehen zu werden, dann wurde er 1527 Erzbischof von Sens, schließlich 1527 sogar zum Kardinal erhoben. 1530 war er päpstlicher Legat in Frankreich. Woher kam diese Gier nach kirchlichen Würden? „Weil man Kardinäle nicht hängt!“ gibt Michelet zur Antwort. Wahrscheinlich steckt aber nur eine gewisse Genugtuung und eine Art Ausgleich für sein bürgerliches Herkommen dahinter. Duprat sah in seinen Ämtern als Kirchenfürst eine gerechte Entschädigung für seine Geburt außerhalb der Schlösser des Adels. Tatsächlich scheint sogar so, dass er nach dem Tode Clemens VII, seine eigene Kandidatur erwogen zu haben schien. Zu diesem Zweck hatte Duprat über die Jahre geduldig bis zu 400 000 Ecus zusammengespart. Der König unterstütze ihn aber in diesem Punkte nicht und so wurde dieser Vorschlag verworfen. Antoine Duprat als Papst? Nach allem, muss man sich fragen warum eigentlich nicht, immerhin gab ja auch die Borgiapäpste. Die Kirche hätte auch ihn letztlich überlebt.

Antoine Duprat wurde am 17. Januar 1463 in Issoire als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns, der selbst aus einer bürgerlichen Beamtenfamilie stammte, geboren. Antoine Duprat erhielt in Italien und Orléans seine juristische Ausbildung. Danach trat er als Mitglied in die Anwaltschaft von Paris ein. Im Alter von 27 Jahren wurde er 1490 Amtsverwalter des Amtes Montferand in der Auvergne. Diese Rückkehr in die Heimat stellt aber kein Störung im Ablauf seiner Laufbahn dar, sondern war vielmehr ein geplanter Rückzug auf bekanntes Terrain, die es ihm ermöglichte, seine Kräfte zu sammlen.

© André & Frank Hagemann, 2007