Kardinal Gropper
Theologie & Geschichte

Noel Beda

1470 - 1437


Jules Michelet schrieb über ihn: „Leiter in Montaigu, Anführer der Studenten ohne Studium, die man Cappets nennt, Volkstribun der frommen Bettler und des Ignorantensaates, war er König auf seinem Berg (Ste. Genviève) und machte es dem anderen König, dem von Frankreich, schwer etwas von ihm zu wollen“

Noel Béda wurde 1470 entweder in der Picardie oder in der Normandie geboren. Um 1594 studierte er am Kolleg Montaigu, wo er sich die aus der Devotio Moderna entwickelten Ideen Jean Standoncks über Armut und Askese zu eigen machte. Von 154 bis 1514 war er Direktor des Kollegs. 1508 erhielt er von der Theologischen Fakultät die Doktorwürde. Von 1521 an versammelte er in der Auseinandersetzung mit Luther die gesamte theologische Fakultät unter seinem Banner gegen jegliche Reformidee. Er schlägt  ganz dem Geschmack der Zeit entsprechend vor, das Alte Amt des Syndicus wiederherzustellen, um selbst mehr Gewicht zu erhalten. So musste sich ihm, dem Theologen, schließlich auch Bischof Guillaume Briconnet, der evangelische Prediger an seinem Hof in Meaux empfangen hatte, unterwerfen. Diesem sollte es dank des Eingreifens Franz‘ I. wenigstens teilweise gelungen sein, die „Libelle“ aus dem Handel zu ziehen. Aber der Text sollte sehr bald in Köln neu aufgelegt worden sein. Seine Schrift „Adversus clandestinos Lutheranos“ von 1529 war eine neuerliche überaus heftige Attacke gegen die Humanisten, denen Béda vorwarf, der Häresie weitgehend den Weg zu bereiten.

Seltsam, aber überaus interessant mutet die Tatsache an, dass Béda in seiner Jugend wegen eines Werkes, das als im Widerspruch zur gültigen Lehre stehend beurteilt wurde, selber verfolgt worden war. Béda ein Ketzer? Man erblickt hier leicht den Grund dieser Heftigkeit, wenn man nicht lieber Gewalttätigkeit, die ihn angetrieben hat.

Louis Berquin, ein Freund des Königs, Übersetzer Luthers und Autor einer „Farce der mittelmäßigen und kleinen Theologen“, die gegen Béda und die „Sorbonnagres“, wie Rabelais sie wenig später genannt haben wird, war sein persönlicher Feind, sein „schwarzer Mann“. Der Syndicus des Theologenkollegs tobte. Aber Béda war ein Mann, der es verstand abzuwarten. Seine Rache würde er ohne Mitleid durchziehen: 1529 gelang es ihm endlich, den armen Berquin infolge des Skandals der Verstümmelung der Jungfrau 1528 hinrichten zu lassen. Der König war zur Jagd aufgebrochen. Der Hof mit der Königin Mutter und Marguerite de Blois befand sich in Blois. Zudem profitierte Béda natürlich auch vom Desinteresse und der Teilnahmslosigkeit des Königs sowie von den politischen Umständen, die dank der Notwendigkeit einer Annäherung an den Papst, um den Krieg gegen Karl V. wiederaufnehmen zu können, für ihn jetzt günstiger waren. Man muss Béda eine rigorose Folgerichtigkeit seiner Ideen zusprechen. Dies war bereits sein dritter Versuch, Berquin loszuwerden. Die beiden vorherigen waren in letzter Minute an der Intervention des Königs gescheitert.

Gegen Béda setzte er 1528 die Verurteilung seitens der Universität durch. Im Oktober 1533 erreichte er die Verurteilung des „Pantagruel“ von Rabelais.

Béda war, wie alle Idealisten, von der unbedingten Richtigkeit seines Kampfes im Namen der Unantastbarkeit und Ewigkeit des Göttlichen absolut überzeugt. Verschanzt hinter seinen akademischen Privilegien und durch den Papst und die Spanier gestützt, glaubte Béda, dass er, wenn auch nicht über dem Gesetz, so doch wenigstens über dem König stünde, dessen Macht doch nach allem bloß ein irdisches und zeitlich begrenztes Mandat darstellte. Der Konflikt musste früher oder später ausbrechen. Béda verbündete sich folglich mit dem Parlament und schaffte es 1530, Pierre Lizet, einen Konservativen, der seinen Ideen nahe stand, auf Dauer als Parlamentspräsident einzusetzen.

© André & Frank Hagemann, 2007