Kardinal Gropper
Theologie & Geschichte

Antoine Duprat

1463 – 1535


Das Gleiche galt für die Affäre des Connétables von Bourbon. Als einer der großen Herren Frankreichs und brillanten Haupleute im Heer, war Karl von Bourbon dem König, der ihm Neid und Missgunst erweckte, ein Dorn im Auge. Franz beraubte Karl von Bourbon seiner Garde, seiner Pensionen und demütigte ihn wo er nur konnte. Anlass für den letzten skandalösen Schlag gegen den Connnétable war der Tod seiner Frau Suzanne, die am 28. April 1521 ohne Kinder gestorben war. Aber die Verstorbene war die Cousine Louises, der Königin Mutter, die nicht zögerte, ihre Erbrechte, gegen den ausdrücklichen in zwei Testamenten bekundeten letzten Willen Suzannes, die ihren Ehemann als Erben einsetzte, zu beanspruchen und auch durchzusetzen. Die Größe ihrer Ländereien und ihres Besitzes hatte schon früher den Neid der Königin Mutter erweckt. Louise, juristisch im Unrecht, bestand auf ihren Erbansprüchen und strengte einen Prozess vor dem Pariser Parlament an.

Das Parlament erklärte sich für unparteiisch und eröffnete diplomatisch überaus geschickt, indem es eine erst einmal eine offizielle Untersuchung anordnete. Als Louise sah, eine Niederlage zu riskieren, unternahm sie auf Rat Duprats hin einen Überraschungsschlag und erklärte, kraft ihrer Befugnisse, kurzerhand allen Besitz Suzannes zu ihrem Eigentum. Der Connétable de Bourbon appellierte nunmehr an den König, der sich aber seiner Mutter nicht zu widersetzen wagte. Die Affäre wurde mehr und mehr zu einem internationalen Skandal, da Kaiser Kar V., der Bourbon kannte und so hoch schätzte, dass er ihm sogar seine  Schwestern zur Frau geben wollte, ihm Anbot das Lager zu wechseln. Und genau das machte Bourbon Ende August 1523. Dieser Verrat seitens Bourbons war durch seinen Ekel angesichts der Entscheidung des Parlaments motiviert. Antoine Duprat hatte gute Arbeit geleistet. Er hatte es auf seinen Weg eingeschworen und gegen alle vorliegenden Beweise und Erklärungen, sanktionierte das Pariser Parlament die erfolgte Besitznahme der Güter durch Louise von Savoyen. In diesem Augenblick blieb Bourbon keine andere Wahl. Franz I. sah sich plötzlich einem gewandten Feind gegenüber, der 1527, nachdem er den französischen Armeen mehrmals schwere Niederlagen beigebracht haben und den verhassten König schließlich 1525 vor Pavia gefangen genommen haben sollte, die Waffe in der Hand sterben würde.

Ganz der Sache seines Königs ergeben, konnte Duprat nicht vorgeben gleichzeitig dem Papsttum zu dienen. Darüber hinaus, war der Kanzler härter und entschiedener als die üblichen Unterhändler des Heiligen Stuhls. In Calais schätzte Duprat das doppelte Spiel der päpstlichen Gesandten überhaupt nicht und strafte es mit seiner Verachtung.  Duprat war folglich in Rom und vor allem bei Leo X. nicht sonderlich geschätzt. Diese Situation änderte sich erst unter Clemens VII. als die Heilige Liga gegründet wurde, was seine Ernennung zum Kardinal motivierte. Am 15 Oktober 1527 lobte Kardinal Ricolfi den Kanzler Frankreichs in überschwänglichen und ciceronisch anmutenden Worten. Man muss allerdings zugeben, dass die Plünderung Roms durch die kaiserlichen Soldaten, die Kirche nüchtern betrachtet geradezu in die Arme des französischen Hofes getrieben hatte. Diese neue Herzlichkeit hielt dennoch nicht für lange Zeit, denn Clemens VII verbündete sich schließlich doch mit dem Kaiser, seinem Bezwinger, gegen Franz I. . Die verheerende Niederlage der genuesischen Flotte des Andréa Doria, die du Bellay den Fehlern Duprats zuschrieb, war eine wahrhaftige Katastrophe für Frankreich. Aber die italienischen Kleinstaaten wie Mailand, Florenz, Venedig und Mantua zählten auf Franz I.. Sie erwarteten, französische Unterstützung, finanzielle Hilfe und vor allem Waffen. Ihnen war der französische Kanzler, der derart knauserig über jeden Heller des Staates wachte und von der Wichtigkeit und Bedeutung der italienischen Ambitionen seines Königs nicht wirklich überzeugt war, verhasst. 

© André & Frank Hagemann, 2007