Kardinal Gropper
Theologie & Geschichte

Reginald Pole

1500 - 1558


Jetzt begab sich Pole, aus seiner Heimat, ohne jede Hoffnung auf eine Rückkehr, verbannt zunächst nach Frankreich, worauf ihn der Papst mit der Friedensvermittlung zwischen Franz I. von Frankreich und Kaiser Karl V. Schließlich ernannte Paul III. Pole zum päpstlichen Legaten und Gouverneur des Kirchenstaates, wonach Pole nach Viterbo ging, wo er von nun an Residenz bezog und einen Kreis bekannter Theologen um sich sammelte, die sich gemeinsam für die angestrebte Kirchenreform einsetzten. Nachdem Pole am 16. Oktober 1542 zum Konzilslegaten für das geplante Konzil in Trient ernannt worden war, brach Pole Ende Oktober 1542 zusammen mit den beiden anderen Konzilslegaten Morone und Parisio zum Konzilsort nach Trient auf. Die endgültige Eröffnung zog sich dennoch der ständigen Verzögerungen, sei es durch diplomatische oder militärische Zwischenfälle bedingt, noch bis Ende Dezember 1545 hin, bis die erneute Einberufung des Konzils durch die päpstliche Bulle „Laetare Jerusalem“ vom 19. November 1544 letztlich doch noch zur Eröffnung des Konzils am 13. Dezember 1545 führte, wofür Pole und die beiden anderen neu ernannten Legaten del Monte und Cervini am 22. Februar 1545 noch eine neuerliche Bestallung erhielten.

Allem Anschein nach, hat Pole Groppers Enchiridion schon im Herbst 1540 kennen gelernt, da die darin vertretenen Ansichten in dieser Zeit eingehend mit Casparo Contarini erörterte, der Pole nunmehr darüber hinaus mit Groppers Ideen hinsichtlich der Rechtfertigungslehre vertraut machte. Aber hätte Pole Groppers Werk nicht bereits während seines Aufenthalts in den Niederlanden zwischen 1537 und 1539 begegnet sein müssen? Denn als Pole sich damals in den Niederlanden, die größtenteils zur Erzdiözese Köln gehörten, aufgehalten hatte, war er in unmittelbarer zeitlicher wie räumlicher Nähe zur Entstehung von Groppers bedeutenden Reformwerk, dessen Inhalt auf die Kölner Reformsynode des Jahres 1536 zurückging, und das 1538 veröffentlicht wurde. Tatsächlich gehen viele von Poles eigenen Ideen zur Rechtfertigungslehre in erheblichen Maße auf Vorstellungen zurück, wie sie Gropper im Enchiridion entwickelt, so dass es nahe liegt anzunehmen, das Poles Rezeption der gropper’schen Gedanken sich nicht alleine aufgrund dessen, was er hierüber vom Hörensagen erfahren haben könnte, hätte vollzogen haben können, denn Pole sollte Groppers Ideen in Bezug auf die Rechtfertigung in einem Maße angenommen haben, dass er seine eigene Argumentation während der Debatten auf dem Konzil weitgehend hierauf gestützt haben würde. Wie dem auch sei, wurde Pole in den folgenden Jahren regelmäßig über die Entwicklung der Ideen Groppers auf dem Laufenden gehalten. So ließ Contarini Pole 1541 die wesentlich von Gropper während des Regensburger Kolloquiums ausgearbeitete Übereinkunft zukommen, obwohl man diesen Kompromiss politisch letztlich doch nicht durchsetzten konnte. Auch später, schlug Pole einen weiteren Dekretsentwurf vor, worin er seine eigenen Vorstellungen wiederum deutlich von Groppers Ideen ausgehend entwickelte, wobei hier besonders auch die Nähe von Poles Projekt zu ähnlichen Plänen Hieronimo Seripandos und Gasparo Contarinis auffällt. Letzen Endes, trat Pole, nach der Ablehnung seines Vorschlags durch die Mehrheit der Konzilsväter am 24. Juni 1546 von seinem Amt als Konzilslegat zurück.

© André & Frank Hagemann, 2007